Quartierbewohnende gestalten den Schulhausgarten in der Bildungslandschaft St. Karli neu
Ein Interview mit Wendela Martens, Schulleiterin in der Sozialraumorientierten Schule (SORS) in St. Karli, Luzern, geführt am 29. März 2022.
Die sozialraumorientierte Schule St. Karli ist eine schulzentrierte Bildungslandschaft. Was hat das Schulhaus St. Karli bewegt, den Schulhausgarten in den letzten Monaten neu zu gestalten?
Wir möchten das Gartenareal umgestalten und beleben. Gleichzeitig bietet der Schulgarten eine optimale Umgebung, um auszuprobieren, wie wir das Schulhausareal als Lern- und Lebensort für die gesamte Quartierbevölkerung zugänglich machen können. Als Sozialraumorientierte Schule ist dies unser Entwicklungsziel.
Was wollen Sie erreichen?
Es soll ein Lernort mit unterschiedlichen Elementen entstehen. Dieser bildet sich in Zusammenarbeit mit unseren lokalen Partnern, dem Verein BaBeL und der Quartierarbeit. Die Kinder der Schule und Bewohner/innen aus dem Quartier sammeln Ideen für den Garten und setzten diese um. Wir gestalten die Prozesse so, dass die Arbeitsgruppen der Freiwilligen und die aktiven Klassen im Garten zusammenarbeiten.
Als friedlicher, belebter Ort stärkt der Garten unsere Schulhauskultur. Ebenso soll er im Unterricht durch die Klassen aktiv genutzt werden: beispielsweise im Fach Natur-Mensch-Gesellschaft mit dem Blumen- und Gemüsebeet oder in anderen Fächern wie Deutsch oder Gestalten mit dem Sitzkreis oder der Vogeltränke. Nach dem Unterricht und in der Freizeit können sich unsere Schulkinder in Begleitung von Erwachsenen aktiv am Gärtnern beteiligen und die Vorgänge in der Natur erleben.
Welche Resultate liegen bereits vor?
Vor mehr als einem Jahr stellten wir das Projekt interessierten Akteuren des Quartiers online vor und baten um ihre Mitwirkung. Daraus entstand eine Zusammenarbeit mit dem Verein BaBeL als Standortleitung, der Stadtgärtnerei zur Unterstützung der Bepflanzung und Pflanzenpflege sowie der Quartierarbeit.
BaBeL erstellte ein Kommunikationskonzept: wir berichteten in den lokalen Medien über das Projekt und verteilten Flyer an die Kinder und Bewohner/innen im Quartier und an der Schule. Der Quartierarbeiter und die Schulleitung stellen in alle Klassen das Projekt vor und zeigten ihnen auf, wie sie sich beteiligen können.
Die Zukunftswerkstatt im Januar 2022 war ein gelungener Auftakt zur Belebung des Schulhausgartens. Zirka zwanzig Kinder und fünfzehn Erwachsene fanden sich ein und überlegten, wie der Garten gestaltet werden könnte, damit man sich gerne dort aufhält. Verschiedene Arbeitsgruppen bildeten sich zu den Ideen und zur Umsetzung: eine Hängematte zwischen Obstbäumen, ein Naschgarten, ein Brunnen, ein Kletterbaum und ein Holzbauplatz.
Im Nachgang klärten wir Fragen wie die Verlegung des Wasseranschlusses und bereiteten eine Menge vor, damit die Teilnehmenden weiterarbeiten konnten. Am ersten Workshop im Februar verfeinerten und vertieften die Kinder und Erwachsenen die ausgewählten Ideen.
Zwischendurch tauschen sich die ausserschulischen Akteure und die Lehrpersonen über eine Informationsplattform zur Planung der Gartenarbeit aus. Am zweiten Workshop im März war es endlich soweit: Der Garten wurde aufgeräumt, bepflanzt und ein Brunnen bemalt. Und alle genossen es, gemeinsam etwas Sinnvolles mit den Händen zu erschaffen. Eine Mutter zieht sogar im Quartierbüro Setzlinge, die eingepflanzt werden können, sobald das Wetter wärmer ist.
Und welche Erkenntnisse haben Sie daraus gewonnen?
Die Planung sowie die Umsetzung eines solchen Projekts sind punktuell sehr zeitintensiv. Dazu braucht es Personen, die bereit sind, das innerhalb oder zusätzlich zu ihrem Arbeitspensum zu leisten. Deshalb sind wir als Schule sehr froh, mit lokalen Partnern und deren Kompetenzen und Ressourcen zusammenarbeiten zu dürfen. Ein riesen Glücksfall ist auch, dass die Leiterin des Vereins BaBeL die Standortleitung übernimmt! Die Pädagogische Hochschule der FHNW unterstützt uns mit dem Projekt «Schulhausareal Agenda 2030». Sie begleitet und berät uns im Prozess.
Der Fonds Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) unterstützt dieses Projekt. Wie wird BNE dabei umgesetzt?
Die nachhaltige Entwicklung wird durch das Projekt erlebt, aktiv mitgestaltet und so auch greifbar. Die gemachten Erfahrungen fliessen anschliessend wieder in den Unterricht ein.
Mit unserem Projekt fördern wir die Kompetenzen Kreativität, Antizipation, Partizipation und Handeln bei den Beteiligten.
Anm. der Redaktion: Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist ein pädagogisches Konzept. Ziel ist es, die Lernenden zu befähigen, sich aktiv und selbstbestimmt an der Gestaltung von Gegenwart und Zukunft zu beteiligen. Anhand von pädagogischen Prinzipien werden die Kompetenzen der Lernenden gefördert.
Konkret gestalten wir gemeinsam den Lebensraum in Bezug auf die Zukunft. So wünschten sich zwei Mädchen, dass zwei Apfelbäume gepflanzt werden, damit in einigen Jahren eine Hängematte aufgehängt werden kann. Sie suchten mit dem Quartierarbeiter die Bäume und die Hängematte aus. Sie pflanzten die Bäumchen und giessen diese nun regelmässig selbständig. Bis diese gross genug sind, betonierte «Stadtgrün» zwei Tragpfähle ein, damit die Hängematte sicher verankert werden kann. Die Mädchen freuen sich jetzt schon auf das sanfte Schaukeln und Relaxen im Garten!
Anm. der Redaktion: Bei der Kompetenz Partizipation gestalten die Beteiligten gesellschaftliche Prozesse mit, bei der Kreativität wird kritisch-konstruktiv überlegt, bei der Antizipation vorausschauend überlegt und gehandelt und beim Handeln übernehmen die Beteiligten Verantwortung und nutzen Handlungsspielräume.
Vielen Dank für das spannende Gespräch!
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