Das Gymnasium Büelrain in Winterthur ist «Klimaschule»

 

Text und Foto: Daniel Fleischmann

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Kreislaufwirtschaft in der Mittelschule

Kreislaufwirtschaft bildet zwar kein eigenes Prüfungsgebiet; aber am Gymna­sium Büelrain in Winterthur sind schon viele gute Anfänge gemacht, damit das Thema trotzdem Schule macht. Seit einem halben Jahr ist das Büelrain als erste Mittelschule als «Klimaschule» zertifiziert.

«Abfalltrennung können wir besser» – mit diesen Worten wurden letzten Frühling die rund 600 Schülerinnen und Lehrer im Treppenhaus der Kantonsschule Büelrain in Winterthur begrüsst. Hunderte von leeren PET-Flaschen und Aludosen waren da zu einer Girlande gereiht, die für einen bewussteren Umgang mit Wertstoffen warb.

Klimarat thematisiert Kreislaufwirtschaft

Einer der Urheber der Aktion war Simon Wolfensberger. Der Schüler der Klasse 3BW ist seit einem Jahr Mitglied im Klimarat der Schule, der immer wieder Aktionen zu Umweltthemen organisiert. «Mir liegt es am Herzen, dass man die Ressourcen der Erde nicht einfach verschwendet», begründet er sein Engagement. «Und ich möchte, dass man Umweltschutz nicht als Verzicht erlebt, sondern als Freude.» Eine andere Aktion war eine Kleiderbörse. Simons Klassenkameradin Helena Graumann hat dafür eine Präsentation erstellt. «Ich habe sehr viel gelernt über Fast Fashion», sagt sie. «Wenn ich neue Trends sehe, bin ich jetzt viel kritischer und denke, wie viel Kinderarbeit da wohl drinsteckt.» Kein Wunder, kennen die beiden Jugendlichen auch das Stichwort Kreislaufwirtschaft! Im Geologieunterricht lernten sie den Kreislauf der Gesteine kennen, der über Prozesse wie Kristallisation, Erosion oder Sedimentation führt. «Die ganze Natur ist ein Kreislauf», sagt Helena, «wir sollten unsere Wirtschaft nach ihrem Vorbild ausrichten.»

Die Einrichtung eines Klimarats war eines der Kriterien, damit das Büelrain seit einem halben Jahr als Klimaschule durch die Organisation myblueplanet zertifiziert ist. Die Schule, die 2019 einen Neubau beziehen konnte, erfüllt den Minergie-P-Eco-Standard. Auch im Leitbild und im Unterricht ist der Klimaschutz verankert. Kreislaufwirtschaft bildet dabei zwar kein ausdrückliches Stichwort; aber dass der sparsame Umgang mit Ressourcen auch das Klima schont, ist offensichtlich.

Anknüpfungspunkte im Unterricht

Martina Straub unterrichtet im Büelrain Wirtschaft und Recht, eines der Hauptfächer des Wirtschaftsgymnasiums. Hier bildet die Kreislaufwirtschaft einen transversalen Begriff, an den sie immer wieder anknüpfe, auch wenn das Thema kein eigenes Prü- fungsgebiet bilde. «Als V-Zug Mitte Februar ankündigte, ihre Waschmaschinen auch zu vermieten, habe ich das thematisiert.» V-Zug könnte im Unterricht von Martina Straub auch ein Business Case werden. Im Rahmen der Betriebswirtschaft lässt sie die Schülerinnen und Schüler immer wieder Geschäftsstrategien entwickeln, bewusst zu Firmen wie Freitag oder Starbucks, die nachhaltig wirtschaften wollen. Hier öffnen sich dann auch Perspektiven über die liberale Theorie hinaus: «Environmental Social Governance (ESG), Triple Bottom Line oder das Genos- senschaftsprinzip sind integraler Bestandteil meines Unterrichts.»

Einen anderen Anknüpfungspunkt bildete der Dokumentationsfilm «Fair Traders»; die Schülerinnen und Schüler erhielten die Aufgabe, anhand gelernter Terminologien wie Wettbewerb die Strategien der drei porträtierten Unternehmen zu beschreiben. Qualitatives statt quantitatives Wachstum, hiess es da etwa. Und im Herbst 2020 hat Martina Straub die Arbeitswoche einer ersten Klasse unter das Thema Kreislaufwirtschaft gestellt. Ziel war es, ein in allen Dimensionen möglichst nachhaltiges Klassenlager zu organisieren – von der Reise über das Essen bis hin zur Abfallentsorgung. Heute werden alle Exkursionen der Schule nach einem Leitfaden organisiert, der für das Lager entstand.

Lehrpersonen an Gymnasien geniessen viele Freiheiten bei der Gestaltung des Unterrichts; Kreislaufwirtschaft kann darum in vielen Formen und bei vielen Gelegenheiten Thema werden. Wichtig sei, findet Martina Straub, dass man dabei mit Beispielen arbeite, die für sie von Interesse seien. «Nur weil etwas nachhaltig ist, ist es noch nicht interessant.» Sie arbeite darum weitgehend mit eigenen Skripts, zumal die beiden klassischen Lehrmittel für ihr Fach keine eigenen Kapitel zur Kreislaufwirtschaft enthalten.

Weitere Informationen

Dokumentationsfilm Fair Traders

Klimaschule



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