Zusammenhänge verstehen und Lösungen finden

Text: Dr. Isabelle Dauner Gardiol

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Systemisches und informatisches Denken mit BNE verbinden

Was wäre, wenn sich die Bildung für Nachhaltige Entwicklung und die Computerwissenschaften verbünden würden, um spielerische, kreative und motivierende Lernmethoden zu fördern? Die Schülerinnen und Schüler würden anhand von Computerspielen programmieren und parallel dazu lernen, was nachhaltige Entwicklung ist. Und gleichzeitig würden sie sich anhand von Nachhaltigkeitsfragen mit dem Programmieren vertraut machen.

Algorithmen und Programmiersprachen bilden kombiniert mit grossen Datenmengen die unverzichtbaren Zutaten für die Herstellung von künstlicher Intelligenz. Die Fähigkeit, Algorithmen zu formulieren, wird als Computational Thinking oder informatisches Denken bezeichnet und ist ein Teil dessen, was Studierende der Computerwissenschaften lernen. Dieses Denken könnte es möglich machen, zahlreiche komplexe Probleme zu verstehen und zu lösen, und könnte mit der Fähigkeit einhergehen, mit Komplexität und offenen Fragen umzugehen, Mehrdeutigkeit zu tolerieren und mit anderen zusammenzuarbeiten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen (Easterbrook 2014, Ioannidou et al. 2011).

Computational Thinking könnte aber auch dazu beitragen, Probleme im Zusammenhang mit BNE-Themen zu verstehen, wie etwa die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme oder Migrationsströme aufgrund von bewaffneten Konflikten. Wenn solche Probleme in Teilsysteme zerlegt und ihre Zusammenhänge analysiert werden, könnte über Lösungsansätze nachgedacht werden. Zu den Schlüsselkompetenzen, die in der BNE gefördert werden, zählt das systemische Denken (Güthler 2021). Um die Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung erfassen zu können, muss man die Funktionsweise und die Eigenschaften der Systeme verstehen, die diesen Herausforderungen zugrunde liegen. Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen den Elementen des Systems? Fähigkeit, diese und andere Funktionsweisen zu verstehen, ist eine der Voraussetzungen für jeden Versuch, sich tiefgreifende Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft vorzustellen (Easterbrook 2014).

Kritische Stimmen bemängeln, das Erlernen des Systemdenkens sei im Studienplan von Informatikerinnen und Informatikern nicht enthalten. Letztere würden Probleme durch die Brille von Algorithmen betrachten und dabei Aspekte wie ethische Dilemmas oder Werturteile, die sich nicht in algorithmischer Form ausdrücken lassen, ausblenden (ebd.). Gleichzeitig entwickeln Informatikerinnen und Informatiker aber seit mehreren Jahren Tools für Spiele oder Simulationen, die das Computational Thinking bereits in jungen Jahren fördern. Mit AgentCubes beispielsweise lernen Schülerinnen und Schüler auf spielerische Weise programmieren, während sie gleichzeitig simulieren, wie sich bestimmte Änderungen von Variablen – Anzahl Fische, Bewegungsgeschwindigkeit – auf ein fiktives Meeresökosystem auswirken.

Dieser spielerische Zugang zum Programmieren begünstigt nicht nur das Computational Thinking, sondern auch die Motivation und Kreativität von Schülerschaft und Lehrpersonen (Ioannidou et. al. 2011). Eine Fokussierung auf das Systemdenken kombiniert mit Computational Thinking in der BNE wäre eine der besten Voraussetzungen, um Lösungen für eine nachhaltigere Welt zu entwickeln. Dies würde das Nachdenken über die Risiken und Chancen von KI – und der Digitalisierung im Allgemeinen – im Kontext von BNE fördern.

Literatur

Easterbrook S. (2014). From Computational Thinking to Systems Thinking: A conceptual toolkit for sustainability computing. 2nd International Conference on ICT for Sustainability (ICT4S 2014)

Güthler A. (2021). Einfach komplex! Systemisch denken lernen für eine nachhaltige Welt. Oekotopia Verlag, Aachen

Ioannidou A., Bennett V., Repenning A. (2011). Computational Thinking Patterns. Paper presented at the 2011 Annual Meeting of the American Educational Research Association (AERA)

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