Co-Benefits: doppelter Nutzen
Wie sich Co-Benefits in den Schulkontext bringen lassen | DR. JESSICA FRANZONI
In einer herausfordernden Zeit wie der unseren sind positive Nebeneffekte erwünschter denn je. Der Begriff «Co-Benefit» gewinnt an Bedeutung – aus einer nachhaltigen Perspektive, für einen langfristigen Diskurs und auch in der Schule.
Essen, Bewegung, Arbeits- und Freizeitgestaltung – unser Alltag wirkt sich nicht nur auf die Gesundheit des Einzelnen, sondern auch auf die unseres Planeten aus. Verändern wir unser individuelles Verhalten, hat dies also nicht nur einen Effekt auf unsere eigene Gesundheit, sondern auch auf die Gesundheit der natürlichen Umwelt und deren langfristigen Erhalt. Ist dieser (Neben-)Effekt ein positiver, so spricht man in der wissenschaftlichen Literatur zur Nachhaltigkeit von einem «Co-Benefit», das heisst, «den positiven Effekten von Massnahmen, die Umweltschäden verringern, auf die menschliche Gesundheit oder, umgekehrt, den positiven Effekten auf den Erhalt der Umwelt durch Massnahmen zur menschlichen Gesundheitsförderung (Gonzalez Holguera und Senn, 2021, S. 808, eigene Übersetzung).
Co-Benefits
Co-Benefits beziehen sich also auf Massnahmen, die der menschlichen Gesundheit zugutekommen und gleichzeitig negative Umweltauswirkungen verringern. Sie nützen damit doppelt – sowohl dem Klima als auch dem Menschen (und, im Allgemeinen, allen Lebewesen). Ein Beispiel: Wie wir uns ernähren, wirkt sich nicht nur stark auf uns selbst, sondern auch auf die Umwelt aus. Die wissenschaftliche Literatur konzentriert sich in dieser Frage auf die drei Handlungsfelder Gesundheit, Umwelt und Mobilität. Folgt man ihr, so sollten wir uns global gesehen so ernähren, dass wir und die Umwelt möglichst wenig Schaden nehmen. Unserer eigenen Gesundheit zuliebe und auch, um Nahrungsmittel nachhaltig produzieren zu können. Um diesen «Idealzustand» zu erreichen, müssen wir uns folgende Fragen stellen: Welche Auswirkungen hat die Lebensmittelproduktion(z. B. von Fleisch) derzeit auf die Umwelt und die Gesundheit? Ist betreffend Konsum das, was gut für uns ist, auch gut für unseren Planeten? Wie wirkt sich, wie wir uns ernähren, auf unsere Gesundheit und die Umwelt aus? Ist, was nachhaltig für die Umwelt ist, auch nachhaltig für unsere Gesundheit und umgekehrt?
Co-Benefits in der Schule
Wie lassen sich diese Fragen auf schulischen Kontext übertragen, was bedeuten Co-Benefits in der Schule? Wie können sie im Unterricht umgesetzt werden? Wie kann man sie in den Stundenplan oder in eine Projektwoche integrieren? Wie kann die Schule als Ganzes durch ihr tägliches Handeln zum Wohlbefinden der Beteiligten und des gesamten Planeten beitragen? Nur wenig ist dazu nötig, wie folgende drei Beispiele zeigen.
Praxisbeispiel «Das Wohlbefinden der Schüler/innen: eine Priorität»
Das Praxisbeispiel «Das Wohlbefinden der Schüler/innen: eine Priorität» zeigt, wie sich die Idee «Co-Benefits» mit dem Schwerpunkt Gesundheitsförderung und nachhaltige Entwicklung umsetzen lässt. Mit kleinen, speziellen Momenten im Unterricht (z. B. Aktivitäten im Freien) oder mit Spezialtagen oder Projektwochen (z. B. «Tagesausflug in den Schnee» oder «Woche im Grünen») engagiert sich die Primarschule La Réselle (Kanton Jura) seit Langem dafür, das Leben der Schülerinnen und Schüler aktiv zu gestalten und sich um ihr Wohlbefinden und die Umwelt zu kümmern. Sie bereiten zusammen Apfelpürees mit regionalen Früchten zu oder integrieren Entspannungsmöglichkeiten in der Natur in den Schulalltag. Es sind kleine Aktionen, die den Kindern ihre Beziehung zur Umwelt und die Funktionsweise ihres Körpers bewusst machen. So kann es gelingen, ein kollektives Wohlbefinden zu erreichen, «um einen gesunden Lebens- und Lernraum zu garantieren» (siehe Merkblatt zu diesem Praxisbeispiel).
Projekt «Naturnahe und partizipativ geplante Pausenräume»
Ziel des Projekts «Naturnahe und partizipativ geplante Pausenräume» ist es, den Pausenraum an den Bedürfnissen der Kinder auszurichten und ihn gleichzeitig mit Respekt für die Umwelt zu gestalten. Er ist ein Ort, um sich zu begegnen, zu erholen und zu lernen. Alle Schülerinnen und Schüler arbeiten aktiv mit, diesen Freizeitraum zu schaffen, die Gestaltungsphasen werden auf die Bedürfnisse und Ressourcen der Schule abgestimmt. Das Thema des Pausenraums kann auf eine andere, noch partizipativere und kreativere Weise angegangen werden.
Projekt «Der ideale Spielplatz?»
Das Projekt «Der ideale Spielplatz?», das im Rahmen der Bildungslandschaft Schönberg (Freiburg) entwickelt wurde, will den idealen Spielplatz schaffen – vom Entwurf bis zum Bau. In partizipativen Workshops haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihren Bedürfnissen, Wünschen und Ideen Ausdruck zu verleihen. Nicht jeder Wunsch kann erfüllt werden. Neben der wirtschaftlichen Machbarkeit soll vor allem auch der nachhaltige Aspekt (in seiner ökologischen Dimension) berücksichtigt werden.
Praxisbeispiele
Das Wohlbefinden der Schüler/innen: eine Priorität
Der ideale Spielplatz? Kinder entwickeln und bauen ihren eigenen Spielplatz
Naturnahe und partizipativ geplante Pausenräume
Bibliografische Referenzen:
– Gonzalez Holguera, J., Senn, N. (2021), Co-bénéfices santé-environnement : revue de la littérature, Bulletin des Médecins Suisses, 102 (24), p. 807-809.
– Exemples de pratiques : Exploiter les ressources avec conscience et libérer l’énergie ! et La place de jeu idéale ?
– Le paysage éducatif du Schönberg
– Projet : Naturnahe und partizipativ geplante Pausenräume